Lehrordnung



Allgemeine Grundsätze —

Der Lehrgang hat stufenweise und lückenlos fortzuschreiten
   vom Bekannten zum Unbekannten,
   vom Nahen zum Entfernten,
   vom Leichteren zum Schwereren,
   vom Einfachen zum Zusammengesetzten,
   vom Konkreten zum Abstrakten,
   von der Sache zum Zeichen,
   von dem Gedanken zur Form.
Die mündliche Uebung geht der schriftlichen voraus.

» Lehrordnung für die deutschen Schulen « — 1869

Lehrer Lämpel — Wilhelm Busch

Vater, ich rufe Dich !



Gebet während der Schlacht

Vater, ich rufe dich!
Brüllend umwölkt mich
Der Dampf der Geschütze,
Sprühend umzucken mich
Rasselnde Blitze.
Lenker der Schlachten,
Ich rufe dich!
Vater, du führe mich!

Vater, du führe mich!
Führ‘ mich zum Siege,
Führ‘ mich zum Tode:
Herr, ich erkenne
Deine Gebote;
Herr wie du willst,
So führe mich!
Gott, ich erkenne dich!

Gott, ich erkenne dich!
So im herbstlichen
Rauschen der Blätter,
Als im Schlachten-
donnerwetter,
Urquell der Gnade,
Erkenn‘ ich dich!
Vater, du segne mich!

Vater, du segne mich!
In deine Hand
Befehl‘ ich mein Leben;
Du kannst es nehmen,
Du hast es gegeben;
Zum Leben, zum Sterben
Segne mich!
Vater, ich preise dich!

Vater, ich preise dich!
’s ist ja kein Kampf
Für die Güter der Erde;
Das Heiligste schützen wir
Mit dem Schwerte:
Drum fallend und siegend
Preis‘ ich dich!
Gott, dir ergeb ich mich!

Gott, dir ergeb ich mich!
Wenn mich die Donner
Des Todes begrüßen,
Wenn meine Adern
Geöffnet fließen:
Dir, o mein Gott,
Dir ergeb‘ ich mich!
Vater, ich rufe dich!

Karl Theodor Körner — 1813.

Oben, die Postkarte hat Hände statt Hand.

Lied eines Armen



Ich bin so gar ein armer Mann,
  Und gehe ganz allein,
Ich möchte wohl nur einmal noch
  Recht frohen Muthes sein.

In meiner lieben Eltern Haus
  War ich ein frohes Kind,
Der bittre Kummer ist mein Theil,
  Seit sie begraben sind.

Der Reichen Gärten seh‘ ich blüh’n,
  Ich seh‘ die goldne Saat :
Mein ist der unfruchtbare Weg,
  Den Sorg‘ und Mühe trat.

Doch weil‘ ich gern mit stillem Weh
  In froher Menschen Schwarm,
Und wünsche Jedem guten Tag
  So herzlich und so warm.

O reicher Gott ! du ließest doch
  Nicht ganz mich freudenleer :
Ein süßer Trost für alle Welt
  Ergießt sich himmelher.

Noch steigt in jedem Dörflein ja
  Dein heilig Haus empor ;
Die Orgel und der Chorgesang
  Ertönet jedem Ohr.

Noch leuchtet Sonne, Mond und Stern
  So liebevoll auch mir,
Und wann die Abendglocke hallt,
  Da red‘ ich, Herr, mit dir.

Einst öffnet jedem Guten sich
  Dein hoher Freudensaal,
Dann komm‘ auch ich im Feierkleid,
  Und setze mich an’s Mahl.

Deutsches Lesebuch — 1855

Holzschnitt — Otto Pankok – 1940 – » Armer Mann «

Das Heidelberger Faß



 . . . mit dem freundlichen Kellermeister.

 . . . Er gesegnete insgeheim die gottselige Stadt ob ihrer sonderlichen Gastfreundlichkeit, und den wackeren Kellermeister, der go geruhig that, was feines Amtes war. Ohne Säumen gehorchte er, nahm sein Ränzlein vom Rücken, legte sich hin, wie ihm geheisen war, lavirte mit dem Kopfe, bis er’s dafür hielt, so recht in der Strom-Linie zu sein, und rief dann dem Schließr zu:
» Nun, so laßt’s laufen, wenn’s beliebt! «
Da wendete sich langsm der schwere, messing’ne Hahn, und der Wein träuselte herab wie geschmolzenes Gold just in sein offenstehendes Maul, und er hätte sich tausend Schlünde wünchen mögen, um sich daran zu sättigen nach Herzensluft!
Karg sind sie nicht, die lobsamen Bürger von Heidelberg, —
dachte er sich in seinem Gemüthe — auch duftet der Trank wie Rosenöl und Gewürznelken; — aber, der Guckuck hol’s, er rinnt an der Gurgel vorbei, ohne sie zu fühlen, und in den Magen, ohne den peinlichen Durst zu löschen!
Habt doch die Freundschaft, und dreht den Hahn etwas, weiter auf!

Fliegende Blätter – 1849

Ruganer Märchen



Geschichte von den sieben bunten Mäusen

Herut! herut!
Du junge Brut!
Din Brüdegam schall kamen;
Se hebben di
Doch gar to früh
Din junges Leben namen.

Sitt de recht up’n Steen,
Wat he Flesch un Been,
Und wi gan mit dem Kranze:
Säven Junggesell’n
Uns führen schäl’n
Juchhe! to’m Hochtidsdanze.

Ernst Moritz Arndt

Der Harz hat die Sieben Zwerge, also hat Rügen die Sieben Mäuse.

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Werbung 1929



Die Fischerei sagt . . . .

Eßt Fisch

Dann bleibt ihr schlank, gesund und frisch.

Kladderadatsch – 1929

Ummm , , , frisch?  Nur wenn du frische Fische ißt.

Meistersinger



Zweiter Akt: Nachts, Straße in Nürnberg

Nachtwächter:

Hört, ihr Leut‘, und laßt euch sagen,
die Glock‘ hat zehn geschlagen:
Bewahrt das Feuer und auch das Licht,
damit niemand kein Schad‘ geschicht!
Lobet Gott den Herrn!  

Eine Stunde später…..

Hört, ihr Leut‘, und laßt euch sagen:
die Glock‘ hat eilfe geschlagen.
Bewahrt euch vor Gespenstern und Spuk,
daß kein böser Geist eur‘ Seel‘ beruck‘!
Lobet Gott den Herrn.

Richard Wagner – Die Meistersinger von Nürnberg

Grausam




— Da fällt der Blitz —

Sie hören’s nicht, sie sehen’s nicht,
Es flammet die Stube wie lauter Licht.
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
Vom Strahl mit einander getroffen sind.
Vier Leben endet ein Schlag,  —
– Und morgen ist’s Feiertag.

Gustav Schwab

Johanniswürmchen



In einer warmen Sommernacht flog ein Johanniswürmchen zwischen einer Hecke von wilden Rosen umher. Voll Eitelkeit auf seine Schönheit ließ es seinen Schimmer weithin leuchten und sprach:

„Wie göttlich schön bin ich; mein Glanzswetteifert mit dem Lichte der Sterne! Ja, ich bin das schönste Geschöpf auf der Erde!"

Als das verblendete Tier so seine Vorzüge rühmte, kam eine Nachtigall, welche es von ferne erblickt hatte, herbei. erhaschte und verschlang es.

Eitelkeit verbirgt die Realität des Lebens.

Es flog vorbei . . . .



Über die Heide

Über die Heide hallet mein Schritt;
Dumpf aus der Erde wandert es mit.

Herbst ist gekommen, Frühling ist weit —
Gab es denn einmal selige Zeit?

Brauende Nebel geisten umher;
Schwarz ist das Kraut und der Himmel so leer.

Wär‘ ich hier nur nicht gegangen im Mai!
Leben und Liebe, — wie flog es vorbei!

Hans Theodor Woldsen Storm

Zu schnell die Zeit vergeht !

Schlichte Worte




Inschrift an Ernst Moritz Arndts Grab zur Erinnerung an seinen ertrunkenen Sohn — Alter Friedhof Bonn

Gute Nacht, ihr, meine Freund‘,
Alle meine Lieben,
Alle, die ihr um mich weint,
Laßt euch nicht betrüben
Diesen Absteig, den ich thu‘
In die Erde nieder —
Seht! die Sonne geht zur Ruh‘,
Kommt doch morgen wieder.

Ernst Moritz Arndt zu Schoritz