Armes Menschenkind


Wenn Du ein armes Menschenkind
In bangem Schmerz siehst weinen,
So kannst Du Deine Thränen lind
Vereinen mit den seinen.
Du kannst mit mildem Trosteswort
Ihm vor die Augen treten:
Getheilter Schmerz ist halber Schmerz,
Ihr könnt zusammen beten.

Doch siehst Du wo ein helles Aug’
In Liebeszähren blinken,
So lenke Deinen Schritt zurück
Und laß’ sich’s einsam dünken!
Die Liebe ist sich selbst genug,
Darfst ihr nicht nahe treten –
Getheilte Lieb’ ist keine Lieb’,
Da muß man einsam beten.

Th. Schuckhart – Aus der „Gartenlaube“ – 1862