Mondenschein . . . .



Draußen ist Mondenschein.
Die Strahlen flimmern durch die Scheiben
In’s enge Kämmerlein:
Wie soll ich Armer ruhig bleiben?

Die Schatten meiner Freunde steigen auf
Vor meiner Seele, es beginnet
Erinnerung den schmerzenreichen Lauf,
Und die verhaltne Zähre rinnet.

Die ich zur Noth durch Thätigkeit bezwang,
Die Schwermuth naht in stummen Nächten
Es stockt im Busen frischer Lebensdrang,
Denk‘ ich, was düstre Parzen flechten.

Verschonet denn das tödtliche Geschoß
Des Mannes Kraft, der Jugend Blume?
Die Helden überdecket traurig Moos,
Vergessenheit nagt an dem Ruhme.

Erblühet wohl ein Frühling andrer Welt
Der Schönheit auserkornen Söhnen?
Die schöpferisch die Welt beseelt
Mit Liedern lieblicher Camönen.

Ein Rasenhügel, mit dem Kreuz bepflanzt,
Verbirgt verblichne Herrlichkeiten;
Worüber Leichtsinn, wie Mänaden, tanzt,
Und jauchzende Geschlechter gleiten.
Denn rother May ist da — das Blut erbraust,
Und jagt zu heitern Wechselreigen:
Was kümmert dich, wer in der Tiefe haust?
Bekränze dich mit Kirschenzweigen !

Nur hurtig durch das bunte Leben fort,
Weil Winde noch die Segel schwellen;
Wer wird sich mit dem grauenvollen Dort
Der raschen Stunde Lust vergällen?

Und achtlos um der Menschen thöricht Thun
Jagt Helios die Flammenpferde:
Wie aber — wenn die keusche Göttin nun
Herunterschaut auf ihre Erde?

Sie hüllet sich im Wolkenschleyer ein.
Ihr Zorn verschmilzt in heil’ge Trauer
Um unser Loos — dann wirft sie ihren Schein
Auf eines Kirchhofs alte Mauer.

Johann Baptist Mayrhofer — 1824