Ruhmeier's Klage
Ruhmeier's Klage
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Wir leben in gar schlimmer Zeit
Voll Noth und voll Gefahren,
An allen Ecken Zank und Streit
Muß schaudernd man gewahren.
Für Den, der nur die Ruhe liebt,
Es jetzt kein fröhlich' Stündlein giebt.
Meine Ruh' ist fort, meine Ruh' ist hin,
Weh' mir, daß ich ein Enkel bin!
Wie war's zu alter Zeit schön,
Man aß und trank vorzüglich,
Ließ Alles seine Wege geh'n
Und lebte ganz vernüglich,
Heut' aber reicht's auf Schritt und Tritt
Nach Pulver, Dolch und Dynamit. --
Meine Ruh' ist fort, meine Ruh' ist hin,
Weh' mir, daß ich ein Enkel bin!
Von „Mugwumps“ wußte man nicht viel,
Von „Dudes“ und Pharisäern,
Man ließ und that, was just gefiel,
Man wußte nichts von Spähern.
Froh war der Sinn und froh der Muth,
Wenn die Verdauung schön und gut,
Doch heute, ach! ist trüb der Sinn,
Weh' mir, daß ich ein Enkel bin!
Gut wer ja nur, was die Partei,
Schlecht, was die Andern thaten,
Das war bequem, man konnt' dabei
Des Denkens wohl entrathen.
O alte Zeit, o gute Zeit,
Wie liegst du, ach! so fern und weit!
Die Ruh' ist fort, die Rh' ist hin,
Weh' mir, daß ich ein Enkel bin!
Daß Ruh' die erste Bürgerpflicht,
Das hat man ganz vergessen,
Denn daran denkt der Mensch heut' nicht,
Hochmüthig und vermessen.
Ihm wird durchaus nicht angst und bang,
Er liebt die Zeit voll Sturm und Drang.
Doch das ist nicht nach meinen Sinn,
Weh' mir, daß ich ein Enkel bin!
Eins giebt es nur, ich bleib' dabei,
Dem Uebel noch zu wehren,
Wir müssen uns're Polizei
Um Tausende vermehren.
Für jeden Bürger --- welch' ein Glück! ---
Ein Polizist, dann keht zurück
Die Ruhe, die nach meinem Sinn.
Heil mir, daß ich ein Enkel bin!
--- Puck - 1884 (Wochenblatt aus New York)