Ein Schifflein von Papier
Im Bache treibt, der Wellen Spiel,
Ein Schifflein von Papier;
Die Fahrt ist kurz, und nah das Ziel
Gesteckt vom Hafen hier.
Der Athem weht es leicht dahin,
Den eure Freude haucht,
Ihr Glücklichen, die ihr zum Zieh’n
Nicht Dampf, noch Pferde braucht!
Die Puppe wird, die drinnen liegt,
Im Nachen von Papier,
Von Wasserniren sanft gewiegt,
Ein stiller Passagier.
O Kindeslust! – das Schiffchen fährt
Im Sonnenscheine stolz,
Als blieb es ewig unversehrt,
Als wär’s von Eichenholz.
Doch ach, wie bald – wie bald zerschellt.
Die leichtgebaute Wand!
Dort wird sie brechen, – rasch zerfällt
Des Spieles schöner Tand!
Der Bach, der euch noch Lust gewährt,
Verschlingt des Schiffs Papier;
Unrettbar in die Tiefe fährt
Der stille Passagier.
Und eh‘ ihr’s glaubet, springt euch jäh
Ein Thränensäckchen auf;
Salzwasser nimmt von Schmerz und Weh
Der Bach in seinen Lauf.
O möge euer Lebensschiff,
Worin ihr selber sitzt,
Gesichert sein vor Sturm und Riff,
Vor Noth und Bruch geschützt!
Ein Engel sei der Steuermann,
Der euch durch’s Leben schifft,
Der überall die rechte Bahn
Als sichrer Lootse trifft.
Der euch an schöne Ufer bringt,
Wo Glück und Friede wohnt,
Wohin des Lebens Leid nicht dringt,
Das sonst kein Herz verschont.
Der euch, o Kinder, nie verläßt,
Auf langer, froher Fahrt! –
Er halte so das Steuer fest,
Wie eurer Gegenwart! – –
Karl Adam Kaltenbrunner
M Auers
Faust – Poligrafisch-illustrirte Zeitschrift – 1857