Hoch auf dem gelben Wagen
sitz ich beim Schwager vorn.
Vorwärts die Rosse traben,
lustig schmettert das Horn.
Berge und Wälder und Matten,
leuchtendes Ährengold,
ich möchte wohl ruhen im Schatten,
aber der Wagen, der rollt.
Flöten hör ich und Geigen,
lustiges Bassgebrumm,
junges Volk im Reigen
tanzt um die Linde herum.
Wirbelnde Blätter im Winde,
es jauchzt und lacht und tollt,
ich bliebe so gern bei der Linde;
aber der Wagen, der rollt.
Postillion in der Schenke
füttert Rosse im Flug,
schäumendes Gerstengetränke
reicht uns der Wirt im Krug.
Hinter den Fensterscheiben
lacht ein Gesicht gar hold,
ich möchte so gerne noch bleiben,
aber der Wagen, der rollt.
Sitzt einmal ein Gerippe
hoch auf dem Wagen vorn,
hält statt der Peitsche die Hippe,
Stundenglas statt Horn.
Sag ich: Ade, nun, ihr Lieben,
die ihr nicht mitfahren wollt,
ich wäre so gern noch geblieben,
aber der Wagen, der rollt.
1879, in „Lieder eines fahrenden Gesellen„
Musik: Heinz Höhne (1922)
Auch das Gedicht Hoch auf dem gelben Wagen, das 1878 zuerst als Der Wagen rollt veröffentlicht wurde, erzählt die Geschichte eines Lebens. Genauer: das menschliche Leben wird als Reise in einer Postkutsche beschrieben. Der Wagen, das ist das Leben, das immerzu vorwärts rollt. Egal, ob wir bleiben oder weiterfahren möchten, der Wagen, er rollt, das Leben fließt weiter. Und wir alle, symbolisiert durch das lyrische Ich, fahren mit.