Eine Fantasie

 


Machet auf das Tor,
Machet auf das Tor,
Es kommt ein goldner Wagen.
Wer sitzt darin,
Wer sitzt darin?
Ein Mann mit goldnen Haaren.
Was will er denn,
Was will er denn?
Er will die… holen!

Ri ra rutsch



Ri ra rutsch,
wir fahren mit der Kutsch!
Und wenn wir keine Kutsche hab’n,
reiten wir auf Besen an!

Ri ra ro,
nun sind wir alle froh!
Wir kriegen eine Kanne Wein,
und brocken Brezel rein!

Quelle: Engelbert Humperdincks Oper „Königskinder“ – 1910

Das Alpenhorn



Von der Alpe tönt das Horn
gar so zauberrisch wunderbar,
’s ist doch eine eigne Welt,
nah‘ dem Himmel schon fürwahr.

Andere Blumen, andre Wolken,
wie in einem Zauberreich,
Nur mein Lieben, nur mein Leiden
bleibt sich ewig, ewig gleich.

Und ich zieh‘ zur Alpe hin,
will dem eignen Schmerz entfliehen,
doch ich denk‘ an dich zurück,
muß wohl weiter, weiter ziehn.

Und die trüben Melodien
dringen in die Seele mir;
denn das Glück,
das fern ich suche,
find‘ ich ewig nur bei dir.

Heinrich Proch – 1837

Mut


Die Wahrheit muß herfür, zu gut
Dem Vaterland, das ist mein Muth;
Kein ander Ursach ist, noch Grund,
Drum ich hab aufgethan den Mund.

Ulrich v. Hutten

Mein Schatz

 



Mei Schatz ischt e Reiter,
e Reiter mueß sein,
das Pferd ischt dem König,
der Reiter ist mein.
… La la la la la la 2c.

Mei Schatz ischt e Schreiber,
e Schreiber mueß sein,
er ſchreibt mir ja
all‘ Tag, sei Herzla sei mein.

Mei Schatz ischt e Gärtner,
e Gärtner mueß sein,
der ſetzt mir die
schönsten Vergißmeinnicht ein.

Mei Schatz ischt e Schneider,
e Schneider mueß sein,
der macht mir’n
Mieder so nett und so fein.

Mei Schatz ischt e Schreiner,
e Schreiner mueß sein,
er macht mir e
Wiegle und e Kindle darein.

Mei Schatz ischt kein Zucker,
was bin i so froh,
sonst hätt‘ en schon gesse,
jetzt ha en doch no.

Mei Schatz ischt so geschmeidig,
mei Schatz ischt so nett,
und d‘ Leut‘ sind so neidig
und gönnen mir’n net.

Schwäbisches Volkslied.

Klugheit




Klugheit wächst erst mit den Jahren,
Und der Weisheit Knospe blühet spat;
Erfahrung ruft auf greisen Haaren,
Und billig ist des Greises Rath.

Zerſtreute Blätter — 1824

Wünschenswerte Rede



Gehe gelassen mitten durch Lärm und Hast dieser Zeit und sei dir bewusst, was für ein Frieden in der Stille sein kann. Versuche mit allen Menschen so weit wie möglich gut auszukommen, jedoch ohne dass du dich selbst verrätst.

Sage deine Wahrheit ruhig und klar und höre den anderen zu, denn auch die Törichten und Unwissenden haben ihre Geschichte.

Meide laute und aggressive Menschen; denn sie sind eine Verwirrung für deinen Geist. Schaue nicht neidisch auf andere, sonst könntest du eitel und bitter werden; denn es wird immer Menschen geben, die mehr oder weniger sind und haben als du.

Freue dich darüber, was du erreicht hast, ebenso über deine Pläne. Bleibe an deiner Entwicklung interessiert, bleibe aber bescheiden. Das Wachstum ist ein wirklicher Besitz in dem wechselnden Glück der Zeit.

Sei sorgfältig in deinen Geschäftsangelegenheiten; denn die Welt ist voller Hinterhältigkeit, aber lasse dich dadurch nicht blind machen für Menschen mit Tugenden. Viele Menschen kämpfen für hohe Ideale und überall ist das Leben voller Heldentum.

Sei du selbst. Besonders täusche keine Zuneigung vor. Sei auch nicht zynisch über die Liebe; denn angesichts der Trockenheit und Enttäuschung des Lebens ist die Liebe dauerhaft wie das grüne Gras.

Nimm den Rat der Alten freundlich auf und gib dankbar deine Dinge der Jugend weiter. Die gewachsene Kraft des Geistes bewahrt dich, wenn Du plötzlich in Unglück gerätst, aber quäle dich nicht mit Trugbildern. Viele Ängste werden durch Müdigkeit und Einsamkeit geboren.

Neben einer guten Disziplin sei gütig mit dir selbst. Du bist ein Kind des Universums, nicht weniger als die Bäume und Sterne. Du hast das Recht, da zu sein.

Ob es Dir klar ist oder nicht, das Universum entwickelt sich ohne Zweifel so wie es soll. Deshalb lebe in Frieden mit Gott, was immer du denkst oder du dir vorstellst, wer er sei.

Und was immer deine Bestrebungen auch sind in dem lauten Durcheinander des Lebens. Halte Frieden mit deiner Seele. Bei all der Belastung, dem Kampf und den zerbrochenen Träumen ist es doch eine wunderbare Welt. Sei sorgfältig. Versuche mit aller Kraft, glücklich zu sein.

Max Ehrmann, Wünschenswertes —- Baltimore – 1927



Lola auf der Tribüne


Karikatur auf den Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 
Fürst Felix Maria Vincenz Andreas von Lichnowsky.

— 1814 – 1848 – –

Zeichner: Ludwig von Elliot
Drucker, Verleger: Eduard Gustav May

 

Junger Mann



So nenne ich dich, lieber junger Mann, der du in deiner Brust ein Streben fühlst, durch Tätigkeit für Menschenwohl dich in der Welt auszuzeichnen.

Gib mir die Hand! Wenn du nicht vorzügliche Talente und entschiedene Neigung zu einem anderen Geschäfte in dir fühlst – so widme dich der Erziehung!

      Guter Rat?

Christian Gotthilf Salzmann – 1805
Lehrer Lämpel – Wilhelm Busch

Für Tochter Nr 5


Längst ruht das ganze Personal
Daheim sich von der Arbeit aus,
Die Räume starren öd und kahl,
Nur einer geht noch nicht nach Haus:

Fraulein Rechnungsratin.  Sie sitzt und zählt,
Addierte schon den ganzen Tag,
Mal stimmt die Rechnumg, und mal fehlt
Zum Schluß ein winziger Betrag.

Sie ist dem Fehler auf der Spur,
Sie Rechnet nochmals und vergleicht,
Die Zeit verrinnt, es tickt die Uhr,
Schafft sie es noch? Vielleicht, vieleicht —

Heinz Hell – 1929
Nach einem Scherenschnitt von E Komischte

Der Affe . . . und ein Eremit



Der Affe, ein seltsamer Buchdrucker, und ein Eremit

Ein Affe war einst ungefähr
in eine Druckerei gekommen,
nachdem er nun, was drucken wär‘,
nach Möglichkeit in Acht genommen,
trug er viel Lettern mit sich fort
und stieg auf einen hohen Ort,
legt unten hin viel weiße Bogen
und warf, ohn‘ allen Witz und Sinn,
die Lettern aufs Papier dahin,
so wie er sie herausgezogen.

Ein Eremit ging da vorbei:
» Was «, rief er, » machst Du hier, mein Affe? «
» Hier hab ich ein Druckerei,
daß ich der Welt viel Nutzen schaffe «,
war dessen Antwort, » sieh nur an,
ob ich nicht sauber setzen kann
und wie ich hier mit großem Glücke
und leichter Mühe Bücher drucke. «

» Jawohl! Jawohl! Mit leichter Müh‘ «,
versetzte jener ihm dagegen;
» allein komm auch herab und sieh,
wieviel an Deinem Fleiß gelegen
und ob auf diesem ganzen Blatt
ein Wort nur Sinn und Meinung hat?
Soll dieses Bücher drucken heißen?
Soll so Dein Werk vonstatten gehen?
Die Lettern aufs Papier zu schmeißen,
macht. nicht, daß Bücher draus entstehen.

Wo nicht Verstand die Hände leitet,
wird kein gelehrtes Buch bereitet:
wirf hundert Jahr und weiter fort
und doch entspringt kein kluges Wort. «
Starke Geister, welche meinen,
daß durch Zufall sich die Welt
selbst in Ordnung hergestellt,
dürfen gleichfalls nicht verneinen,
daß die kluge Druckerei
unseres Affen möglich sei.
Wenn man von dem Druck des Affen
einst ein kluges Buch erhält,
glaub ich auch, daß sich die Welt
ungefähr von selbst erschaffen.

Daniel Wilhelm Triller
1695-1782