Vor vielen Jahren gab es auf der Insel Ummanz so viele Ratten, daß sich die Bewohner vor dem Ungeziefer nicht „retten und bergen“ konnten. Da erbot sich ein Herenmeister, der aus einem fremden Lande stammte, für eine große Summe Geldes alle Ratten von der Insel zu vertreiben. Die Ummanzer bewilligten dem Fremden die sehr hohe Summe, obgleich dieser von Anfang an sagte, daß er die Ratten nur auf so lange Zeit bannen könne, als der zur Zeit dort wohnende Menschenschlag leben würde. Nun trieb der Herenmeister alle Ratten auf der südwestlichen Spitze von Ummanz ins Wasser ; diese Gegend führt daher bis auf den heutigen Tag den Namen „de Rott.“ Man sagt, daß die Erde, welche hier liegt, früher als Witterung gegen die Ratten gebraucht worden sei, und es sollen damals oft Leute, welche viele Ratten auf ihrem Gehöft hatten, nach Ummanz gegangen sein und sich dort einen Sack Erde von der Rott geholt haben. Wenn sie eine kleine Hand voll von dieser Erde in die Rattenlöcher schütteten, so genügte das, um die Ratten schon nach wenigen Stunden zu vertreiben. Das alles wurde dem fremden Herenmeister verdankt.
In neuerer Zeit aber, wo der frühere Menschenschlag ausgestorben ist und viele Fremde nach Ummanz gekommen sind, haben sich die Ratten auf der Insel wieder eingefunden, und seitdem hilft auch die Erde von der Rott nicht mehr, um die Ratten zu vertreiben.
Rügensche Sagen und Märchen — Dr Ulrich Haas – 1897