Hans Katte


Die Stralsunder führen in der Umgegend häufig den Spottnamen: Hans Katte. Manche meinen, er komme von der Gewohnheit des Katzenbeißens in den Fastnachten her. Doch ist er durch folgende Begebenheit entstanden: Vor langen Jahren entstand auf einmal in der Stadt das Gerücht, daß auf dem St. Nicolaus-Kirchthurme ein Fuchs sey. Darauf liefen alle Bürger zusammen, und bewaffneten sich mit Spießen und Schwertern und allerlei anderen Waffen, und zogen zu Felde gegen den Fuchs, als wenn es ein gar gefährlicher Feind wäre. Wie sie nun aber in dem Thurme ankamen und hinter dem Feinde lange Zeit gejagt hatten, da fanden sie endlich, daß sie gegen eine ganz gewöhnliche Katze zu Felde gezogen waren, die auf dem Thurme hatte mausen wollen. Die Sache wurde ruchtbar, und die Stralsunder erhielten nun von dieser verunglückten Heldenthat den Spottnamen: Hans Katte!
— Herzog Philipp Julius, wenn er über die Stralsunder ungehalten war, pflegte zu sagen: Wir wollen doch sehen, ob die Greifsklauen nicht tiefer greifen, denn die Katzenklauen.


Baltische Studien, III Jahrg. I. Heft, S. 235

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Der Seeräuber Eseborn


   Zu den Zeiten des Herzogs Wartislav X. von Pommern lebte ein Seeräuber, Namens Eseborn, von Barth gebürtig. Derselbe war einmal auf den Zingst getreten und hatte den Bauern und auch aus des Herzogs Ackerhofe Ochsen und Speck gestohlen und das auf sein Schiff gebracht, damit er es verspeisete. Der Herzog aber war ein großer Beschirmer des Rechts und seiner Unterthanen, und er pflegte zu den Bauern zu sagen: sie sollten ihre Pferde und Kühe nur vor den Wölfen hüten, vor den Dieben wolle er sie schon beschirmen. Darum hat er solchen Raub dem Eseborn wohl sieben Jahre lang nachgetragen. Denn wie Eseborn nach dieser Zeit meinte, es wäre vergessen, und wieder zu Lande kam, begegnete ihm einst der Herzog Wartislav bei Pruchten. Der sprach ihn an und sagte: Eseborn, finden wir uns hier? Warum hast du mir und meinen Leuten die Ochsen und das Speck genommen? Darüber erschrak Eseborn sehr, und er antwortete: Gnädiger Herr, es war damals Fehde. Der Herzog aber antwortete ihm: Es ist noch nicht großer Friede zwischen uns; darum müssen wir davon reden. Du mußt es mit dem Kragen bezahlen. Da sagte Eseborn! Das hoffe ich nicht; ich habe viele Freundschaft, die das wohl rächen könnten. Der Herzog aber hatte einen Hundestrick im Ermel, den zieht er hervor, und macht eine Schleife darin und sagt: Kiek my in dat Loch! mit deiner Freundschaft werde ich mich schon vertragen. Also that er ihm das Seil um den Hals und ließ ihn auf einen Klepper setzen und das Seil an einen Baum knüpfen; alsdann ließ er den Klepper mit der Peitsche hauen, daß er unter ihm weglaufen mußte, und ist Eseborn am Baume todt hängen geblieben.


Kantzow, Pomerania, II. S. 180. 181.
Nicolaus v. Klempzen, vom Pommerlande, S- 117. 118.

Die 7 Windmühlen bei Stettin


  An der sogenannten klingenden Becke bei Stettin liegen sieben Windmühlen, die vor alten Zeiten der Rath zu Stettin hat bauen lassen. Als die fertig waren, sind die Rathsherrren zu ihnen hinausgefahren, um sie zu besehen, und um ihnen Namen zu geben. Bei der ersten sagten sie: Eine muß doch Malz mahlen, denn sie dachten zuerst an das gute Bier, und sie nannten sie Malzmühle. Die zweite hatte wenig Wasser; da sprachen sie: die ist für die Küken, sie soll die Kükenmühle heißen. Bei der dritten hörten sie einen Kukuk schreien; die nannten sie die Kukuksmühle. Auf einer vierten empfing die Wirthin sie unfreundlich, da nannten sie dieselbe die Sursacksmühle. Auf der fünften dagegen wurden sie freundlich und aufmunternd ausgenommen, d. h. motgeberisch (muthgebend), da nannten sie diese die Motgebermühle. Bei der sechsten wollten die Räder, gar nicht still stehen, da sprachen sie: das ist die Klappermühle. Die letzte endlich, weil sie am höchsten im Berge lag, nannten sie die Obermühle. Alle diese Namen führen die sieben Mühlen noch.

— Die Volkssagen von Pommern und Rügen – Jodocus Donatus Hubertus Temme, 1840, Nr. 147

Die Straßenbeleuchtung in Stralsund


  Die Straßen der Stadt Stralsund, die doch zum großen Theil finster und enge genug sind, wurden in früheren Zeiten auch an den dunkelsten Abenden nicht erleuchtet, und das Schlimmste war, daß die Leute, wenn sie des Abends ausgingen, auch nicht einmal Laternen Mitnahmen. Solches Unwesen wollte der Prinz von Hessenstein, als derselbe General-Gouverneur von Stralsund geworden war, nicht ferner dulden. In Gutem konnte er nichts ausrichten; er befahl daher, daß Jeder, der nach Sonnenuntergange auf die Straße gehe, eine Laterne bei sich tragen solle, wenn es auch Heller Mondschein sey; wer dem Befehle zuwider handele, solle auf die Wache gebracht werden. Die Stralsunder wollen aber schon seit uralten Zeiten sich nur von ihrem Rathe befehlen lassen, und weil der General sich an diesen nicht gewandt hatte, so war der Erfolg, daß zwar alle Leute mit Laternen gingen, aber kein Licht darin hatten. Nun befahl der General, man solle mit Laternen gehen, und auch ein Licht darin haben. Auch dies geschah pünktlich, aber es hatte Keiner das Licht angezündet. Der erzürnte Fürst befahl darauf, daß man auch das Licht in der Laterne anzünden solle. Aber jetzt trugen die Leute ihre Laternen unter den Mänteln, oder sie steckten Lichterchen an, so klein, wie Johanniswürmchen, oder sie trieben sonst allerlei Spott, bis sich zuletzt der Rath ins Mittel legte.

—– Zöllners Reise durch Pommern und Rügen, S. 192. 193.