Das Märchen vom jungen Krebs.




Es war in einem klaren Bache,
Da wohnten die Krebse in der Lache.
Ein junger Krebs kroch aus dem Ei,
Und kam mit seiner Mutter herbei
Zu den Krebsen. Die andern
Thäten ein und aus den Löchern wandern,
Aßen zufrieden in guter Ruh,
Und tranken Bachwasser dazu.

Aber jung Krebslein ward
Unzufrieden nach Kinderart,
Behagte ihm der Bach nicht mehr,
Auch nicht des festen Panzers Wehr:
Pfui, mit den steifen Gewändern!
Ich möchte das meine ändern!
Da ward ihm mit einem Mal
Das gute alte Kleid zu schmal.

Aber klug war Krebschen auch:
Was scheer ich mich um den Brauch?
Vorwärts schreitend thu‘ ich mir weh,
Wohlan, ich künftig rückwärts geh‘!
Und von der Stunde angefangen
Ist der Krebs rückwärts gegangen.

Krebslein wuchs und wurde alt,
Aber vom Naschen bekam es bald
Schlechte wacklige Zähne.
Da konnt’s nicht recht beißen
Und seinen Fraß zerreißen.
Beine,“ sprach es, „hätt‘ ich, mein Treu!
Genug, bekäm‘ ich lieber für zwei
Davon ein paar tüchtige Scheeren
Zum Kneipen und Verzehren.

Und kaum war dieser Wunsch gescheh’n,
An seiner Brust zwei Scheeren steh’n,
Damit zwickt es ohne Erbarmen
Die Würmer und Fischlein, die armen,
Und übte große Tyrannei
Ueber die andern Thiere dabei.

Aber es ward doch nicht zufrieden,
Dacht, ihm wäre noch Größ’res beschieden,
Mied und floh alle andern,
Wollte weiter wandern.
Alses endlich war allein,
Sprachs: „Jetzt möcht‘ ich ein König sein,
Ein König mit rothem Röcklein,
Mit Krone und güldene, Stöcklein!

Wie’s so rückwärts geht am Land,
Faßt es plötzlich eine Hand.
Da sieht sich der Krebs mit Bangen
Vom Fischer ertappt und gefangen,
Und war er ohne Müh
In großer Kompagnie,
Unter Kameraden in Menge,
Ward allen darin zu enge.

Der Fischer hatte die Krebse gefangen
Und ist sodann nach Haus gegangen
Des Fischers Frau setzt Wasser zu,
Und kocht die Krebs in guter Ruh.
Da war dem Krebslein „Unzufrieden
Ein heißer Feuertod beschieden,
Und keine Kron‘ und kein Stöcklein,
Sondern — ein rothes Röcklein!

Magst Du es seh’n?
Darfst nur zur Köchin geh’n.
Aber sei immer mit Allem zufrieden,
Sonst ist Dir auch ein roth Röcklein beschieden,
Nur kämest Du
Nicht wie der Krebs dazu!

Das Kinderjahr – Philipp Körber. 1856

Struwwelpeter


Sieh einmal, hier steht er,
Pfui! der Struwwelpeter
An den Händen beiden
Ließ er sich nicht schneiden
Seine Nägel fast ein Jahr;
Kämmen ließ er sich nicht sein Haar.
Pfui! ruft da ein Jeder:
Garst’ger Struwwelpeter!

Ich hab mich ergeben


Ich hab mich ergeben
Mit Herz und mit Hand,
Dir Land voll Lieb´ und Leben
Mein deutsches Vaterland!

Mein Herz ist entglommen,
Dir treu zugewandt,
Du Land der Frei’n und Frommen,
Du herrlich Hermannsland!

Will halten und glauben
an Gott fromm und frei
will Vaterland dir bleiben
auf ewig fest und treu.

Laß Kraft mich erwerben
in Herz und in Hand,
zu leben und zu sterben
fürs heil’ge Vaterland!

Hans Ferdinand Maßmann – 1820